Früher war es insbesondere das Obst minderer Qualität, das eingemaischt wurde, oder die kleinen Schnapskirschen, die ansonsten für nichts zu gebrauchen waren. Wir nehmen alles, was wir sonst nicht verarbeiten können und maischen nach und nach im Sommer und Herbst in mehreren Tonnen die gequetschten Kirschen, Mirabellen, Zwetschgen oder Zibarten ein.
Unser Haus hat ein Brennrecht, das wir uns beim Zoll erst auf unseren Namen eintragen lassen mussten. Im Keller steht eine Destille mit blinkendem Kupferkessel, Wasserkühlkolonne und Holzfeuerung, die alle zwei oder drei Jahre geputzt und dann eingeheizt wird. Jeder Brennvorgang muss beim Finanzamt angemeldet werden. Die Alkoholsteuer wird aus der Menge an eingemaischtem Obst berechnet und vorher entrichtet. Als Chemiker liebe ich die Arbeit an der Destille besonders: Das Feuer knistert, der Kessel rauscht und am Ende des Kühlers tropft eine klare Flüssigkeit in die Vorlage. Unser alter Nachbar, der dies bereits seit Jahrzehnten macht, hat bei unserem ersten Versuch den ganzen Tag an seinen Krücken mit im Schnapskeller gestanden und uns mit Rat und Tat unterstützt.
Wir haben in den Jahren hier in Lörrach schon Zwetschgen, Mirabellen, Kirsche und Zibarten gebrannt. Wir verschenken unseren Schnaps oder verkaufen die eine oder andere Flasche.
Es ist und bleibt aber ein Liebhaberprojekt.
Würde ich die HPC-Stundensätze auf unsere Arbeitszeit ansetzen, wäre der Schnaps unbezahlbar. Das ist auch ein Grund dafür, dass Streuobstwiesen bedroht sind: Solange im Supermarkt die Walnüsse aus Kalifornien oder die Äpfel aus Chile billiger sind als die regionalen Produkte, rentiert sich die Arbeit nicht und die Streuobstwiesen gehen nach und nach verloren.
Wir freuen uns jedoch über die Möglichkeit, dieses Kulturgut in seiner Schönheit aufrechtzuhalten.